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Der monatliche Informationsbrief des Laboratoire européen d'Anticipation Politique (LEAP) - 15 Okt 2016
Pressemitteilung

Die gewollte Isolation der Vereinigten Staaten in Bezug auf den Rest der Welt, drückte sich bis jetzt nur geopolitisch aus (wir haben es oft auf diesen Seiten analysiert) und sie kann, unabhängig vom Ergebnis der Wahlen, nur noch schlimmer werden (bei Trump durch die Abwesenheit von Außenpolitik, bei Clinton durch deren Gewalttätigkeit). Dieser politischen Dimension fügt sich derzeit eine bisher ausgesparte Dimension hinzu, eine Dimension die bisher, in der Welt von Gestern, im Zentrum der Macht der Vereinigten Staaten stand, nämlich die des Finanzwesens und es ist nicht überraschend, dass sie jetzt auftaucht, wo die Macht der Vereinigten Staaten im Schwinden ist.

Die Deutsche Bank-Affäre: ein sehr nützliches Schreckgespenst

Wenn sie in Schwierigkeiten sind, verwenden die Vereinigten Staaten immer wieder dieselbe Methode der Tarnung ihrer Probleme mit Hilfe von Enthüllungen über die Probleme der anderen und Europa ist regelmäßig am Ende der Dumme. Wenn also die erstaunte Welt von der Rekordstrafe von 14 Milliarden Dollar hört, die die Vereinigten Staaten von der Deutschen Bank fordern[1], dann richtet sich der Blick sicher mit Abscheu auf die Verfehlungen dieser Bank[2], aber man sollte sich auch die Interessen anschauen, denen diese Sanktion dient. Viele Kommentatoren haben in ihr einen kleinen Rachefeldzug nach der Strafe für Apple in Europa[3] gesehen. Dies ist eine nicht zu vernachlässigende Erklärung, aber es gibt noch wichtigere. Indem die größte europäische Bank in Schwierigkeiten gebracht wird, gelingt es den Vereinigten Staaten, die Debatte auf die Probleme der europäischen Banken im Allgemeinen zu konzentrieren. Trotz der erstaunlichen Stabilität des Finanzsystems in Europa nach all diesen turbulenten Jahren (teilweise dank der Injektionen der EZB, auch wenn diese wahrscheinlich mehr dem globalen Finanzsystem als den europäischen Interessen dienen), behaupten wir nicht, dass der europäische Bankensektor kein Problem hat, davon sind wir weit entfernt[4]. Aber wir behaupten, dass er ein bequemer Buhmann ist, um von den amerikanischen Schwierigkeiten abzulenken. Denn die Schlagzeilen der Artikel über die Deutsche Bank sind alarmistisch: drohender Konkurs, notwendiger Bail-out, Ansteckung der anderen europäischen Banken, die nächste Krise kommt schon[5], usw..

Auch ohne die Tatsache, dass sich, wie man in der folgenden Abbildung sehen kann[6], das wirtschaftliche Wachstum der Vereinigten Staaten nur abschwächen kann, ist die Unfähigkeit der Fed, die Zinsen anzuheben, Indikator für die Schwäche der Wirtschaft des Landes.

Abbildung 1 – Offizielles Wachstum der US-Wirtschaft pro Quartal (annualisiert) seit Januar 2015 Quelle: Handels Economics.

Der Arbeitsmarkt ist immer noch in Schwierigkeiten trotz der Ankündigungen einer Arbeitslosenquote von nur um die 5%, die die Realität absolut nicht wiedergibt, wenn man weiß, dass die Beschäftigungsquote auf dem tiefsten Stand seit 1970 ist (zusammengefasst: die Senkung der Arbeitslosenquote ist nur das Ergebnis der Senkung der Beschäftigungsquote).

Abbildung 2 – Beschäftigungsquote (blau, linke Skala) und Arbeitslosenquote (rot, rechte Skala) in den Vereinigten Staaten seit 2007. Quelle: FRED.

Ein weiteres Beispiel: Trotz eines immer noch sehr starken Dollars, kann Bayer Monsanto[7] und Danone Whitewave[8] kaufen, usw., wie wenn das alte Europa sich die USA kauft in Umkehrung der Entwicklung im vorigen Jahr. Man könnte noch mehr Beispiele anführen, doch klar ist: der Realwirtschaft in den Vereinigten Staaten geht es nicht gut. Wie auch? Fast ohne zu überzeichnen, kann man sagen, dass nur der Finanzsektor gerettet wurde und sich seit 2008 nichts geändert hat … . Inmitten des allgemeinen selbstgefälligen Optimismus bezüglich der Vereinigten Staaten liest man trotzdem hier und dort[9], dass die amerikanischen Banken wie vor 2008 nicht in bester Form sind trotz der „Reformen“ und der gesetzlichen Verpflichtungen. Doch die Welt spricht nur noch von der Deutschen Bank und der Schwäche der anderen europäischen Banken. Nichts oder fast nichts zum Ansteckungsrisiko für die amerikanischen Banken, welches ziemlich real ist, da die Deutsche Bank als eine der Banken mit dem höchsten systemischen Risiko angesehen wird. Man muss deshalb annehmen, dass es etwas wichtiges zu verstecken gibt … Natürlich sind die (berechtigten) Zweifel an der Solidität der europäischen Banken nie ganz verschwunden. Aber der Auslöser der aktuellen Turbulenzen ist diese Geldstrafe, die die Deutsche Bank scheinbar nicht zahlen kann[10]. Es ist doch erstaunlich, dass eine Geldstrafe auferlegt wird, die so hoch ist, dass sie nicht gezahlt werden kann, ohne das ganze System zu brechen, oder? Die Affäre um die Deutsche Bank ist offensichtlich ein Bluff. Es handelt sich um eine systemische Bank, deren Zusammenbruch alle treffen würde, auch und vor allem die amerikanischen Banken. Da das Ziel nicht ist, die Deutsche Bank zu stürzen, muss man die Gründe für den Angriff in der Ablenkung der medialen Aufmerksamkeit und wahrscheinlich auch in einem Versuch, Merkel unter Druck zu setzen, suchen. Deshalb wollten wir genau das Gegenteil von dem tun, was uns die Medien suggerieren, als wir die Richtung ausmachten, aus der der Angriff kommt … .

Wenn das Finanzsystem es riskiert, die Wall Street fallen zulassen

Aber dies war notwendig, um die schlechten Nachrichten, die sich an der Front des Finanzwesens anhäufen, zu kaschieren. Und die schlechten Nachrichten kommen von den größten Käufern von US Staatsanleihen: den ausländischen Zentralbanken. Die Zentralbanken Russlands und Chinas, aber auch Japans, Saudi-Arabiens und Europas, sie alle verkaufen massenweise in einem historischen Tempo die US Staatsanleihen, die sie im Lauf der Zeit fleißig angehäuft haben[11]. Natürlich jede hat vermeintlich gute eigene Gründe dafür: im Wesentlichen, so erklärt man uns, um die eigene Währung zu stärken, die immer schwächer wird wegen der Schwächer der eigenen Wirtschaft. Für Russland ist dies zweifellos teilweise wahr, so viel wie der Rubel sich abgeschwächt hat (und dabei eine besorgniserregende Inflation erzeugt hat), aber ganz offensichtlich kauft die Zentralbank lieber Gold als Rubel, was dieser offiziellen angelsächsischen Version etwas widerspricht.

China hat vermutlich aus ähnlichen Gründen verkauft, vermutlich, weil „nichts mehr geht“, weil seine Wachstumsrate unter die Marke von 7% gefallen ist und der Yuan seit seinem Höchststand von vor 2 Jahren 10% verloren hat, Schreck lass nach. Auch hier muss man uns erklären, warum es für seine US Staatsanleihen Gold kauft und warum es mit Priorität amerikanische Aktien verkauft[12]: antizipiert es einen Börsencrash in den Vereinigten Staaten? Die Erklärung, die für Saudi-Arabien gegeben wird, ist natürlich die, dass das Öl zu billig ist, und für die europäischen Staaten und Japan die Schwäche ihrer Wirtschaft. Es ist also alles in Ordnung, es besteht natürlich kein Zusammenhang mit der Gesundheit der Vereinigten Staaten. Es ist nur ein Zufall, dass all diese Länder massenweise ihre US Anleihen verkaufen.

Abbildung 3 – Netto-Kauf von US-Staatsanleihen durch ausländische Zentralbanken, 2007-2016. Quelle: CNN.

Einige sagen, dass es sich um ein Ersuchen der Fed an die anderen Zentralbanken handelt, mit dem Ziel, den Dollar zu schwächen. Aber der Dollar schwächt sich nicht ab und das mit einem solchen Ersuchen verbundene Durchknall-Risiko ist so real und so gefährlich, dass Yellen es nie eingehen würde. Um diese Hypothese endgültig zu beerdigen, wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass China nicht nur seine Staatsanleihen liquidiert, sondern auch und vor allem seinen Vorrat an amerikanischen Aktien, und damit riskiert, die amerikanischen Märkte zum Absturz zu bringen. Das ist übrigens zweifellos ein Zeichen von noch größerem Misstrauen und etwas, was die Fed nie verlangen würde. Also nein, die Illusion, dass die Fed und die Vereinigten Staaten hinter diesen Bewegungen stehen, hält nicht.

Ein Teil der amerikanischen Strategie basiert auf der Tatsache, dass die US Staatsanleihen in diesem Sturm ein „sicherer Hafen“ darstellen sollen: und tatsächlich haben es die von den Medien suggerierten Panikverkäufe von europäischen Bankaktien, aus Gewohnheit erlaubt, den Blick der Investorenmeute vorübergehend auf die US Anleihen zu lenken. Gutes Timing, da der Verkauf dieser Anleihen gerade schwierig wurde: einige Medien haben sich sogar über die schwache Nachfrage der Investoren[13] beunruhigt, vor allem für Anleihen mit langer Laufzeit (insbesondere 30 Jahre). Doch dieses Gefühl, dass diese Staatsanleihen ein „sicherer Hafen“ sind, beginnt sich anscheinend aufzulösen, da auch die Hedge Fonds und die Geldmarktfonds ihre US Staatsanleihen verkaufen[14] … . Derzeit bleibt trotz der schwachen Nachfrage der Anstieg der Zinsen moderat und diese sind von ihrem Niveau von Ende 2013 bis Anfang 2014 weit entfernt, aber wie lange noch? Wenn der Anstieg stärker wird, dann muss die Fed neue „unkonventionelle“ Maßnahmen ergreifen: wird sie dann noch glaubwürdig sein? 

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Zusammenfassung

Die politische Antizipation kommt nicht aus einer Kristallkugel. Der Rohstoff ihrer Analysen sind  „Zukunftsdaten“: Wahlen, Gipfel und diverse Treffen sind Elemente, die es erlauben, die Zukunft der realen Ereignisse zu [...]

Die kurze Antwort ist: nicht viel. Aber fangen wir mit den Ausführungen an. Wie unser Team in der September-Ausgabe beklagt hat, stecken die Bürger mehrerer zentraler europäischer Länder dann, wenn [...]

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