Während die Europäer in die Scheinwerfer des Paares Trump-Musk blicken, haben China, Vietnam, Südkorea, Singapur, Indonesien und Malaysia gerade den Beginn des Jahres der Schlange gefeiert.
Die Schlange besiegelt die Gewalt des Drachen, der ihr vorausgegangen ist, und erzählt uns von Häutung, Wachstum, Flexibilität, Langfristigkeit und Weisheit. All diese Symbole beeinflussen den Gemütszustand eines Viertels der Weltbevölkerung: 1,4 Milliarden Chinesen, 277 Millionen Indonesier, 100 Millionen Vietnamesen, 50 Millionen Südkoreaner, 35 Millionen Malaysier, 40 Millionen Menschen in der chinesischen Diaspora…
Währenddessen ist der Westen deprimiert, verängstigt oder schimpft…
Dennoch ist der Horizont in Asien nicht so blau und die Aussichten für den Westen nicht so düster. Die europäischen Nationen und Unternehmen können es kaum erwarten, dass der russisch-ukrainische Krieg vorbei ist, damit sie der gescheiterten Europäischen Kommission (Frieden, Wohlstand, Demokratie, Umwelt) die Meinung sagen können.
Aber der Westen hat Angst vor der Zukunft – übrigens nicht erst seit kurzem – und das auch zu Recht: Wie kann man in der Tat hoffen, in einer Welt, in der man nicht mehr das Zentrum ist, besser zu leben?
Es würde aber wahrscheinlich genügen, besser auf das Herz zu hören, das im Osten schlägt und eine Zukunft begrüßt, die es besser machen will und kann: Technologien, Entwicklung, Umwelt, Bildung, Gesundheit,… alles muss bei ihnen aufgebaut werden, alles muss bei uns wieder aufgebaut werden. Mächtige Werkzeuge stehen allen zur Verfügung. Die Herausforderungen liegen klar auf dem Tisch. Könnte der asiatische Optimismus dann auch auf uns übergreifen? Könnten sich militärischen Drohnen auch bei uns in farbenfrohe Himmelsschauspiele verwandeln?
Asien (ASEAN) übernimmt westliche Technologien, die von militärisch-industriellen Apparaten entwickelt wurden, und integriert sie direkt in seine gesellschaftlichen Infrastrukturen und Funktionsweisen, vielleicht weil der Netzwerkmodus der vom Westen erfundenen Technologien ihm ähnelt: Fluidität, Zirkularität, Resilienz, öffentlicher Dienst versus Starrheit, Linearität, Stärke, Finanzen.
China mit DeepSeek ist gekommen, um uns an die Prinzipien der Kostenlosigkeit, Disintermediation und Demokratisierung zu erinnern, die der Westen selbst zu Beginn der Internetrevolution – und sogar noch vor[1] – aufgestellt hatte und die sein politisch-ökonomisches Modell der Innovationsfinanzierung nicht einhalten konnte.
An die Stelle dieser Hoffnung ist die Herrschaft einiger ausschließlich amerikanischer Technologiegiganten getreten, die sich zu Krebsgeschwüren für unsere Gesellschaften insgesamt entwickelt haben. Im Namen des heiligen Wettbewerbs zwischen den USA und China haben sie sich ungehemmt ausgebreitet. DeepSeek hat uns heute jedoch daran erinnert, dass Innovation und Konzentration nicht zusammenpassen – Innovation und Vielfalt aber sehr wohl.
Dieser – zweifellos punktuelle, aber dennoch aufsehenerregende (manche sprechen von einem „Sputnik-Moment“[2]) Sieg des kollektivistisch-gemeinschaftlichen Modells über den kapitalistischen Individualismus ist ein fulminanter Auftakt zum Jahr der Schlange.
Vielleicht flüstert sie uns sogar ins Ohr, dass die technologische Revolution der 1990er Jahre aus dem Projekt eines gemeinsamen Europas entstanden ist, dass die Amerikaner sie mit viel Geld und Kommunikation der Welt aufgezwungen haben, um wieder reich zu werden und die Weltherrschaft zu behalten, dass es aber letztlich die Asiaten sind, die sie am natürlichsten auf ihre sozialen Strukturen übertragen.
Diese Ausgabe des GEAB konzentriert sich auf Asien und in seinem Zentrum ASEAN, das in so vielen Aspekten unserer krisengeschüttelten EU ähnelt, deren Weg aber immer mehr von unserem abweicht. Und die Frage, die wir beantworten möchten, lautet: Ist die europäische Krise die Zukunft von ASEAN/Asien? Oder umgekehrt die asiatische Hoffnung die Europas?
Und Sie? Was denken Sie? (Bitte nehmen Sie an unserer Umfrage teil)
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Nächstes Treffen des GEAB Book Club: 6. März ab 18 Uhr (Sprache: FR-EN nicht übersetzt)
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[1] Quelle: OpenSource explained, Outsystems
[2] Quelle: The New Yorker, 03.02.2025
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