Home Die politischen, militärische und wirtschaftliche Auswirkungen der amerikanischen Midterm-Wahlen: Alle Probleme der USA verstärken sich

Die politischen, militärische und wirtschaftliche Auswirkungen der amerikanischen Midterm-Wahlen: Alle Probleme der USA verstärken sich

Das November-Wahlergebnis, mit dem die amerikanischen Wähler der Politik der letzten sechs Jahre eine Abfuhr erteilt haben, ist nichts anderes als ein lauter Hilferuf. Im gleichen Maße wie der Irakkrieg, sind es die wirtschaftlichen und sozialen Probleme sowie der Abscheu vor der in Washington herrschenden Korruption, die die Wähler bei ihrer Stimmabgabe geleitet haben.

Das Thema der Korruption ist bezeichnend in zweierlei Hinsicht:

Zum Einen ist es ein Hinweis auf eine Gesellschaft, die verarmt. Korruption wird erst dann zum beherrschenden Thema, wenn die Mehrheit der Menschen die Bereicherung ihrer Eliten als illegitim empfindet, weil sie den Eindruck hat, dass sie sich zum Nachteil ihres eigenen Wohlstands vollziehe. Die öffentliche Wahrnehmung der Korruption ist kein Problem für eine Gesellschaft, der es gut geht. Sie ist ein Hauptproblem in der Dritten Welt oder in Ländern, die sich wirtschaftlich oder politisch im Umbruch befinden. Dies unterstützt die These von LEAP/E2020, nach der auch die USA ein Land im Umbruch sind, aber im Umbruch vom aktuellen Rang der politischen und wirtschaftlichen Supermacht zu einem Status, der noch nicht absehbar ist, der aber sicherlich weniger beneidenswert sein wird als der derzeitige. Im gewissen Sinne kann man sich vorstellen, dass die USA eine Entwicklung nehmen werden wie Argentinien vor einigen Jahrzehnten, während der fast die gesamte argentinische Mittelschicht verarmte.

Zum anderen zeigt es, dass die Wähler in den USA ihren herrschenden Klassen allgemein – und nicht nur Bush, Cheney und Rumsfeld – immer weniger Vertrauen entgegen bringen. Denn auch dem Kongress werfen sie vor, die Interessen der einfachen amerikanischen Bürger zu ignorieren und lediglich als Schaltstelle zur Durchsetzung von Partikularinteressen zu dienen. Eine weitere Zahl belegt diese wachsende Kluft zwischen den herrschenden Klassen und den einfachen Menschen in den USA: Die Wahlbeteiligung im November 2006 lag bei gerade einmal 40 Prozent (kaum mehr als bei den Novemberwahlen 2002) obwohl man hätte glauben können, dass die Versuche der Polarisierung der Wählerschaft und das Wahlthema Irak dazu beitragen würden, dass mehr den Weg zu den Urnen antreten. Dies bedeutet, dass nunmehr 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in den USA sich von den zwei großen Parteien, die Politiker in den Kongress zu schicken vermögen, nicht mehr vertreten oder verstanden fühlen, so dass sie selbst dann nicht zur Wahl gehen, wenn die angebotenen Politikalternativen eindeutig und grundlegend sind. Genauso wie die 40 Prozent der Wähler, die die Korruption zu einem der Hauptanliegen der Wahl machten, bezeugen die 60 Prozent Nichtwähler, dass die Washingtoner Eliten an Glaubwürdigkeit und politischer Legitimität verlieren. Das stellt im übrigen eine interessante Parallele zu einer identischen Entwicklung in der Europäischen Union dar…

Für mehr, GEAB 9 / 16.11.2006

 

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