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GEAB 165

Der monatliche Informationsbrief des Laboratoire européen d'Anticipation Politique (LEAP) - 15 Mai 2022

Editorial : Schönheit wird die Welt retten

Diese Ausgabe 165 ist ein wichtiger Schritt in der Geschichte des GEAB, da sie mit der sakrosankten Tradition der Anonymität der Artikel bricht, die bislang immer gemeinsam vom „LEAP-Team“ unterzeichnet wurden. In der Welt von Morgen, die sich in alle Richtungen bewegt, sollte eine Publikation über die Zukunft unserer Meinung nach eine größere Vielfalt an Standpunkten beinhalten. So eröffnen wir den „GEAB mit Federn“ mit einem wunderbaren Thema, der Kunst, welches von einer großen Fachfrau in diesem Bereich, Isabelle Kowal, unterzeichnet wurde.

Im Moment gibt es nicht viele gute Nachrichten über die Zukunft zu teilen. Da der GEAB aber nicht gerne mit jedermanns Ängsten einstimmt, wird dieser GEAB viel über Kunst sprechen … prosaischer ausgedrückt: über den „Kunstmarkt“. Zunächst einmal, weil sich sowohl die Kunst als auch der Kunstmarkt im Wandel befinden, wie alles andere auch. Aber auch, weil Kunst einer der wenigen sicheren Werte in einer Krise zu sein scheint, in der weder der Dollar, noch Gold, Bitcoin oder Immobilien als wirklich beruhigende Zufluchtsorte erscheinen.

Dies ist kein Zufall (has’Art).

Jedermann ist sich derzeit bewusst, dass nicht alle Träume, die vom Zukunftsdenken auf der Grundlage der zwanghaften Beobachtung der „neuen Technologien“ als einzige Inspiration zur Vorstellung der Zukunft entworfen werden (als ob die Zukunft eine harte, nicht-menschliche Wissenschaft wäre), das Licht der Welt erblicken werden[1]. Zwar tragen die neuen Technologien zum globalen Paradigmenwechsel bei, aber zum einen sind sie tatsächlich nur das Ergebnis des Veränderungszwangs, der mit der globalen demografischen Umstrukturierung einhergeht, und zum anderen müssen sie ihre Wege in einer komplexen und von Natur aus veränderungsresistenten sozialen Realität finden.

All dies führt zu der zivilisatorischen Krise, die der GEAB seit 16 Jahren beschreibt. Diese Krise besteht in diesem Stadium aus einem vollständigen Verlust der Orientierung: Die Welt davor ist vorbei, aber die Welt danach ist nicht mehr das, was man sich vorgestellt hat. Und solche Zeiten sind gut geeignet, um existentielle Fragen zu stellen, die ganz natürlich zu Religion, Philosophie und natürlich Kunst führen.

Wenn alle Grundlagen einer Gesellschaft auf den Prüfstand gestellt werden, entsteht ein riesiger Raum für künstlerische Kreativität, in dem die Prinzipien und Werte des nächsten Modells erfunden werden. Die Zeit ist also reif für neue ästhetische Formen, deren Erkennung derzeit über zwei klassische Klippen stolpert: Spekulation und Institutionalismus, die beide auf ihre Weise konservativ sind.

Institutionelle Anleger sind von sozialen/moralischen Aspekten getrieben und schätzen eine „engagierte Kunst“ (die gesellschaftliche Probleme anspricht oder benachteiligten Gruppen hilft), die von der Objektivität entfernt ist, die erforderlich ist, um die wahren Formen der Zukunft zu erkennen.

Wir werden in Isabelle Kowals Artikel sehen, dass diese beiden Kategorien derzeit dazu tendieren, den Kunstmarkt zunehmend zu spalten. Schlechte und gute Nachrichten zugleich, da sich in dem Raum, der sich zwischen diesen beiden Schräglagen auftut, wahrscheinlich nachhaltige Formen herausbilden werden, die für Investitionen kleinerer, „intelligenter“ Akteure der Zukunft geeignet sind.

Der Kunstmarkt ist daher ein vielversprechender und zugleich schwieriger Investitionsbereich, den der systemische Blick der Antizipation in einem anderen Licht erscheinen lässt: Je klarer die Vision der Zukunft ist, desto intelligenter sind unsere Wetten auf die Kunst von morgen. Aber wie immer bei der Antizipation ist auch hier die Intuition, solange sie gut informiert ist, der beste Wegweiser: Lassen Sie die Kunst einfach wieder beginnen, Sie zu berühren!

Diskussion in der GEAB Community auf LinkedIn.

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[1]      Wir haben diese wichtige Frage sogar in einer früheren Ausgabe gestellt: „Hat sich der Westen in der Zukunft geirrt?“. Quelle: GEAB 160, 15/12/2021

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Zusammenfassung

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